Audinet Dante

Dante hat nichts mit dem gleichnamigen italienischen Dichter zu tun, sondern ist ein von der Firma Audinate entwickeltes, auf Ethernet aufsetzendes Protokoll, mit dem Audiovernetzung ganz unkompliziert werden soll.

Implementiert ist Dante u.a. im in der neuesten Firmware des Dolby Lake Digitalcontrollers und durfte sein Können bereits bei einer Nightwish-Tour unter Beweis stellen, die wir vor dem Konzert in Dortmund besuchten.

Die Nightwish-Europa-Tournee wurde bereits wie in den Vorjahren von Go-Audio betreut, die mit Norbert Wessel auf einen erfahrenen Lake-Controller-Experten und Systemingenieur zurückgreifen konnten. Das Grundkonzept der Signalverarbeitung für die Beschallungsanlage mit Lake-DSPs für jedes Endstufenrack war ähnlich wie bereits vor zwei Jahren genutzt, nur dass im diesjährigen Setup anstelle der Lake Contour Controller die neuen Dolby Lake Systeme zum Einsatz kamen. Diese bieten erweiterte Signalverarbeitungsfunktionen und mehr DSP Leistung, arbeiten aber im Prinzip mit demselben Bedienkonzept.

Dieses nutzt eine Netzwerkarchitektur, in der sich die Controller in einem drahtgebundenen Netzwerk befinden. Die Bedienoberfläche ist als Software speziell für einen Tablet-PC ausgelegt. Dieser ist über ein WLAN drahtlos an das Steuernetzwerk angebunden, in dem sich die Controller befinden. Auf diese Weise kann sich die Bedienoberfläche an einem beliebigen Ort im Saal befinden.

Die neueste Firmware Dolby Lake Controllers mit der Implementierung des Audinate Dante Netzwerkprotokolls erlaubt es nun, die Ethernet Schnittstelle des Controllers auch für eine qualitative hochwertige Audiovernetzung zu nutzen – und zwar parallel zu der Übertragung von Steuerinformationen über die gleiche Schnittstelle.

Audinate Dante Technologien

Von den Audio-Netzwerktechnologien, die auf Ethernet-Basis arbeiten, nutzt Audinate Dante neben der Hardware und dem Ethernet-Protokoll (Physical Layer und Data Link Layer im OSI-Schichtenmodell) auch das IP- und das UDP-Protokoll (Network und Transport Layer) zur Übertragung von Routing- und Audiodaten und kann daher auch über Standard-TCP/IP-Router übertragen werden. Dazu unterstützt Dante mit DiffServ [1] auch eine QoS-Standardimplementierung (Quality of Service, Dienstgüte), wie sie von vielen Routern für Computernetzwerke unterstützt wird. Damit besteht die Möglichkeit, dem Dante-Netzwerkverkehr Priorität einzuräumen und so mit Steuerdaten (etwa für die Fernbedienung der Lake-Controller) zu koexistieren.

Von der Bandbreite eines Fast-Ethernet-Netzwerks her ist dies übrigens kein Problem. In der gegenwärtigen Implementierung unterstützt Audinate Dante acht Audio-Eingänge und 16 Audio-Ausgänge über eine Ethernet Verbindung, nutzt die Kanalkapazität von Fast Ethernet also nicht komplett aus.

Für die Synchronisierung nutzt Audinate Dante den IEEE-1588-Standard. Dieser wurde geschaffen, um eine Echtzeit-Synchronisierung verschiedenster Systeme über ein Ethernet-Netzwerk zu ermöglichen, eine Problematik, die nicht nur Audionetzwerke betrifft. Bei entsprechender Bandbreite des Netzwerks (z.B. Gigabit-Ethernet) unterstützt Dante dank IEEE-1588 Latenzzeiten bis hinuter zu 34µs. Die gegenwärtige Implementierung im Dolby Lake Controller mit Fast-Ethernet-Schnittstelle erlaubt Latenzzeiten bis hinunter zu 0,8ms.

Da die Latenzzeit empfängerseitig eingestellt wird, können auf einem Dante-Netzwerk auch Komponenten mit verschiedenen Latenzeinstellungen gleichzeitig genutzt werden, so etwa ein Controller als Monitor-Ausspielweg mit sehr geringer Latenzzeit und ein FOH-Controller mit – falls erforderlich – etwas größerer Latenzzeit-Einstellung.

Automatische Netzwerkkonfiguration

Ein wichtiger Vorteil für den Anwender besteht darin, dass für das Aufsetzen eines Netzwerkes keine Adressen vergeben oder sonstige Konfigurationen durchgeführt werden müssen. Audinate, Entwickler des Dante-Protokolls, hat mit der “Zen”-Technologie eine automatische Netzwerkkonfiguration eingeführt – man verbindet die Netzwerkteilnehmer mit dem Netz – die Erkennung der Komponenten und ihre Konfiguration läuft automatisch. Anwender müssen sich also nicht erst Detailkenntnisse im Bereich Computernetzwerke aneignen.

Im Fall der Nightwish-Tournee wurde das Audinate-Dante-Netzwerk bühnenseitig eingesetzt. Von der als FOH-Mischpult eingesetzten Digidesign-Venue-Konsole geht eine zweikanalige, digitale AES/EBU- sowie eine entsprechende Analogverbindung als Fallback – zum ersten Dolby Lake Controller. Ein Kanal wird im Controller selbst verarbeitet, beide Eingangssignale werden in das Dante-Netzwerk eingespeist und an die übrigen Controller, insbesondere die auf der anderen, 30m entfernten Bühnenseite übertragen.

Zur Sicherheit gibt es derzeit noch parallel eine AES/EBU-Verbindung, die aber bisher nicht benötigt wurde. Bei einem Ausfall der Audinate-Dante-Netzwerkverbindung würde automatisch und ohne hörbare Umschaltvorgänge auf das AES/ EBU-Signal umgeschaltet. Im regulären Veranstaltungsbetrieb hat es bisher mit dem Dante-Netzwerk allerdings noch keine Probleme gegeben.

Zusammenfassung

Mit Dante von Audinate gibt es einen interessanten Standard im Bereich Ethernet-basierter Audionetzwerke, die sich nicht nur durch flexible Einsatzmöglichkeiten auszeichnet, sondern insbesondere durch eine automatische Konfiguration des Netzwerks, die keine speziellen Netzwerkkenntnisse auf Seiten des Anwenders erfordert.

Als interessante Zugabe gibt es zum Beispiel Treibersoftware, mit der Audiodaten mehrkanalig von einem PC/Notebook aus in das Dante-Audionetz eingespeist oder aus einem Dante-Netz mitgeschnitten werden können. Dante-Implementierungen gibt es bisher in den Dolby-Lake-Controllern und den mit der Dolby-Lake-Technologie ausgestatteten Lab.Gruppen-Endstufen.

[1] Dokumentation DiffServ QoS: IETF RFC Dokumente 2474, 2475, 2597, 3140, 3246 und 4594.