Erstes fest installiertes L-Acoustics L-ISA-System in Deutschland

Halle im Radialsystem

Das Radialsystem in Berlin in der Nähe des Ostbahnhofs ist ein Ort, an dem zeitgenössische Kunst entwickelt, erprobt und präsentiert wird – insbesondere in den Bereichen Choreografie, Musiktheater und Konzert. Es verfügt über zwei Veranstaltungsräumlichkeiten, die einfach als „Saal“ bzw. „Halle“ bezeichnet werden. Um letztere soll es im vorliegenden Beitrag gehen. Die Halle im Radialsystem war bisher ganz klassisch mit einer Stereo-Beschallung versorgt worden. Im vergangenen Jahr wurde ein neues, immersives Beschallungssystem auf der Basis des L-ISA-Systems von L-Acoustics installiert, das die Möglichkeiten der Tontechnik immens erweitert. Für das Team vom Radialsystem war dies ein sehr sinnvoller Schritt, weil zum Veranstaltungsprogramm auch regelmäßig zeitgenössische Tanz- und Musikproduktionen gehören, die eher experimentellen Charakter haben und über die reine Abbildung einer konzertanten Situation auf der Bühne hinaus immer wieder auch klangexperimentelle Ansätze verfolgen. Bisher wurden solche Produktionen dann beispielsweise quadrophonisch oder achtkanalig gefahren – mit dem neuen L-ISA System sind die tontechnischen Möglichkeiten nun weitaus vielfältiger. Bei einem Besuch in Berlin konnten wir uns von den Qualitäten des neuen Systems überzeugen.

Zur Vorgeschichte: Bereits vor etwa 3-4 Jahren hatte sich Carlo Grippa, freiberuflicher Tontechniker und Projektleiter für das L-ISA System im Radialsystem, auf der ProLight+Sound über immersive Beschallungssysteme informiert, weil er bei seiner Arbeit als freier Tonmeister in verschiedenen Projekten auch immer wieder mit Spatial Audio bzw. immersiven Systemen zu tun hatte. Überzeugt hatte ihn dann damals eine L-ISA-Präsentation von L-Acoustics, so dass er den Plan fasste, auch für das Radial­system ein L-ISA-System zu realisieren.
Das ergab auch insofern Sinn, als dass viele zeitgenössiche Tanz- und Musikproduktionen, die im Radialsystem aufgeführt werden, eher experimentellen Charakter haben. Bei solchen Anwendungen hat man über die reine Abbildung einer konzertanten Situationen hinaus auch immer wieder klangexperimentelle Situationen, die dann von der elektroakustischen Seite her öfters mehrkanalig gefahren werden – z.B. achtkanalig oder quadrophonisch.
Mit dem L-ISA-System hat man nun einfach viel mehr Optionen, weil man nicht auf eine vergleichsweise geringe Anzahl (4 oder 8) von Quellen/Lautsprechern/Ausspielwegen begrenzt ist, sondern mit dem hier verbauten L-ISA-Prozessor bis zu 64 Ausspielwege realisieren kann. Dabei geht es eigentlich nicht um die höhere Signalverarbeitungsleistung oder eine höhere Anzahl von Ausspielwegen sozusagen als Selbstzweck, sondern darum, dass das L-ISA-System von L-Acoustics auch qualitativ ein ganz neues Arbeiten für die Tonschaffenden ermöglicht.

Bei einer reinen Stereo-Beschallung kann man eine räumliche Abbildung/Staffelung von Schallquellen über die Bühnenbreite/Stereobasis mit Hilfe von Phantomschallquellen erreichen. Das funktioniert über den Effekt der Summenlokalisation, den man klassicherweise von zu Hause aus eben jener Stereowiedergabe über Lautsprecher kennt. Das Problem dabei ist: Summenlokalisation funktioniert nur dann, wenn die Differenzen der Schallaufzeiten von den beiden beteiligten Lautsprechern zum Zuhörer kleiner als ca. 1ms sind. Ist die Differenz größer, hört die betreffende Person den Schall nur aus der Richtung desjenigen Lautsprechers, dessen Direktschall zuerst beim Zuhörer eintrifft. Diesen Effekt nennt man auch Präzedenzeffekt oder auch „Gesetz der ersten Wellenfront“. Zu Hause oder im Studio kann man problemlos im Hotspot sitzen, idealerweise an der Spitze eines gleichseitigen Dreiecks mit den Lautsprechern und dem Zuhörer an den Ecken. Bei einem größeren Beschallungsaufbau funktioniert das leider nicht mehr so schön, weil die beteiligten Distanzen größer sind, und eine Laufzeitdifferenz von 1ms – entsprechend einem Schallwegunterschied von ca. 34cm – zu einem beliebigen Zuhörerplatz schnell erreicht ist. Das bedeutet: Selbst in einer mittelgroßen Halle können nur ca. 5-10% des Publikums Summenlokalisation und damit eine befriedigende Abbildung von Schallquellen über die Bühnenbreite mittels Phantomschallquellen erleben. Der Rest hört praktisch alles entweder aus der Richtung des einen oder der des anderen Lautsprechers.
Das ist nicht nur unbefriedigend, weil es keine gute Übereinstimmung zwischen der gehörmäßigen Lokalisation und dem gibt, was man auf der Bühne sieht – es ist für den FOH-Ingenieur auch schwieriger, eine akustische Szene mit vielen Quellen adäquat zu den Zuhörern zu transportieren. Das liegt daran, dass sich die Schallanteile der verschiedenen Quellen auf der Bühne auch gegenseitig verdecken können. Das bedeutet, dass leise Klangstrukturen einer Quelle – zum Beispiel eines Instruments in einem Orchester – beim gleichzeitigen Erklingen anderer, lauterer Schallquellen womöglich leiser oder gar nicht mehr hörbar sind.
Bei einer einfachen Stereobeschallung kann das für viele Plätze im Publikum passieren, selbst wenn das bei einer direkt und ohne Verstärkung, also rein akustisch gehörten Situation auf der Bühne nicht der Fall wäre.
„Schuld“ ist hier der Effekt der „Binaural Masking Level Difference“ (BMLD). BMLD bedeutet, dass sich zwei Schallquellen umso weniger verdecken (maskieren), je weniger sich ihre Lokalisationsbereiche überlappen, je mehr sie also in unterschiedlichen Richtungen lokalisert werden.
Bei der klassichen Stereo-Beschallung hat der FOH-Ingenieur nur die Möglichkeit, die verschiedenen Quellen spektral stärker zu separieren – also mit dem Kanal-EQ zu versuchen, die sich gegenseitig verdeckenden Signale so zu bearbeiten, dass jeder Quelle im Idealfall ein eigener Spektralbereich zugewiesen wird bzw. sich die Spektren der einzelnen Signale weniger stark überlappen. Dies geht natürlich mit einer klanglichen Veränderung einher, die meist nicht erwünscht ist.

Die Idee beim L-ISA-System besteht nun darin, beschallungstechnisch einen korrekten Richtungsbezug auf alle Quellen auf der Bühne wiederherzustellen, und zwar idealerweise für alle Plätze im Publikum. Das hat auf der einen Seite den Vorteil, dass das Gehörte auch von der Quellenortung her wieder zu dem passt, was man auf der Bühne sieht. Darüber hinaus kann man dank BMLD aber auch erreichen, das auch bei einer komplexen akustischen Szene alle Teilschallquellen detailreicher gehört werden, weil sich ihre Lokalisierungsorte nicht mehr (so stark) überlappen und sie sich deshalb weniger stark gegenseitig verdecken. Insgesamt wird das Klangerlebnis auf diese Weise sowohl konsistenter, was die Übereinstimmung von gesehener und gehörter Szene, aber auch detailreicher, was das Hören einzelner Schallquellenmerkmale angeht.

Um dies zu erreichen, arbeitet L-ISA objektbezogen, d.h. jedes Audiosignal, z.B. von einem per Mikrofon abgenommenen Instrument, ist ein Schallobjekt, dem verschiedene, auch räumliche, Merkmale zugewiesen werden können. Aus mehreren bis vielen Schallobjekten kann man dann auf einer grafischen Benutzeroberfläche eine akustische Szene kreieren, die an der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Publikumsplätze richtungstreu wahrgenommen wird.

Das im Radialsystem installierte L-ISA System bietet die Möglichkeit, bis zu 96 statische oder bewegte virtuelle Klangobjekte/Quellen räumlich anzuordnen, die dann durch den L-ISA Prozessor mit im vorliegenden Fall insgesamt nicht weniger als 26 Lautsprechersystemen im Raum hörbar gemacht werden. Der L-ISA-Processor kümmert sich intern um alle notwendigen Signalverarbeitungsparameter, die für jeden Lautsprecherweg eingestellt werden müssen, um das gewünschte Resultat zu erzielen.
Das Tontechnik-Team wird dadurch von der lästigen Aufgabe befreit, all diese Parameter sozusagen „zu Fuß“ bestimmen und konfigurieren zu müssen und hat so den Kopf frei für die kreative Tonarbeit. Gleichzeitig wird durch die Loslösung von bestimmten Lautsprecherkonfigurationen (z.B. Quadrophonie) auf der einen Seite die Möglichkeit eröffnet, ganz andere und erweiterte Klangräume zu gestalten und auf der anderen Seite sichergestellt, dass der bei weitem größte Teil des Publikums (über 85%) dieses Klangerlebnis auch in gleichbleibender Qualität genießen können.

Da man schon früher auch immer wieder mit immersiven Systemen der einen oder anderen Art zu tun gehabt hatte, war es letztendlich klar, dass das Radialsystem mit einem entsprechenden System ausgestattet werden sollte, denn ein immersives Beschallungssystem ist State-of-the-Art und stellt die Zukunft der Soundarbeit, des Sounddesigns, dar. Und es stellt natürlich eine Besonderheit dar, das erste Haus in Deutschland zu sein, das im Rahmen einer Festinstallation mit einem L-ISA-System ausgestattet wurde.
Es gab also eine Anforderung nach einer Beschallung jenseits des klassischen Stereo-Setups, aber es wird – auch von Produktionen – eigentlich seltener ein regelrecht immersives Beschallungssystem nachgefragt, weil im allgemeinen ja die Beschallungssituation in den meisten Spielstätten begrenzt ist und man derzeit noch kein immersives System als Hausanlage erwarten kann.
In der Regel wird bei experimentellen Produktionen vielleicht eine vier-, acht- oder 12kanalige Beschallung angefragt, entsprechende Anforderungen kann man mit L-ISA natürlich abbilden. Solche Produktionen sind allgemein noch nicht die Regel, aber es gibt sie regelmäßig im Radialsystem, und mit dem L-ISA-System kann man praktisch alles umsetzen – von einer 360°-Beschallung bis hinunter zum klassischem Stereo bzw. LCR.

Das Team des Radialsystem bietet das immersive Beschallungssystem auch aktiv an. Solche Beschallungssysteme sind ja noch wenig verbreitet. Daher kommt es nur selten vor, dass Produktionen bereits ein immersives Sound-Konzept haben, dann davon hören, dass das Radialsystem eine passende Tonanlage hat und in der Folge ihr Konzept im Radialsystem umsetzen wollen.

Vielversprechender ist es also, umgekehrt von seiten des Radialsystems zu kommunizieren, dass man ein immersives Beschallungssystem hat, so dass Produktionen sich überlegen können, damit etwas zu machen.
Mit Produktionen, die regelmäßig ins Radialsystem kommen, spricht man natürlich ohnehin, informiert über die Möglichkeiten des neuen Systems und entwickelt im Gespräch Möglichkeiten einer (zukünftigen) Nutzung bzw. der Erweiterung der vorhandenen Klangkonzepte.
Natürlich ist es ja auch so, dass, wenn ein solches System erst einmal in Betrieb ist und genutzt wird, automatisch weiterführende Gedanken über weitere Nutzungsmöglichkeiten aufkommen. In diesem Vorgang gibt es natürlich auch die Möglichkeit, existierende Produktionen und Aufführungen noch einmal neu und auch anders zu denken und so zu erweitern. Das ist eine Art Spielwiese, mit der zum Beispiel Produktionen wie Sasha Waltz & Guests auf der Basis von Klangeffekten und Sounds szenische Situationen kreieren, die nicht beschränkt sind z.B. auf einzelne (Effekt-)Lautsprecher, die dann aus (nur) einer ganz bestimmten Richtung zu hören ist. Der Klangraum kann jetzt auch aus Atmo bestehen, bei der keine bestimmten Quellenrichtungen lokalisierbar sind, oder auch aus mehreren bis vielen Quellen, die sich im Raum bewegen und dabei ggf. auch ihre Eigenschaften verändern.

Planung und Umsetzung
Für die Planung eines L-ISA-Systems für das Radialsystem war einer der ersten wichtigen Kontakte zwischen Carlo Grippa, Leiter der Tonabteilung im Radialsystem, und Sherif el Barbari, Director of Application Design, Immersive Audio & Creative Software bei L-Acoustics. Hier ging es zunächst darum, eine Idee für den Raum zu entwickeln auf der Basis der Produktionen, die dort stattfinden bzw. stattfinden sollen.
Martin Rode (Senior Application Project Engineer – Germany – Austria – Switzerland) von L-Acoustics, hatte mit Carlo Grippa gemeinsam sozusagen die handwerkliche Planung übernommen, war oft vor Ort, hat die Halle in Augenschein genommen und viele Gespräche geführt, denn das Anforderungsprofil ist im Radialsystem doch schon etwas komplizierter. Das Radialsystem ist ja nicht ein Haus mit einer einfachen, festen Installation. Das System, so wie es jetzt ist, muss trotzdem wandelbar sein. Es gibt zwei verschiedene Bühnengrößen, eine mit 8m Tiefe, eine zweite mit 11m Tiefe. Auch ist zuweilen der Layer-Rang nicht installiert. Das System wurde daher mobil gehalten und kann seitens des Radialsystem-Teams umgehangen und angepasst werden.
Weil mit unterschiedlichen Bühnengrößen gearbeitet wird, gibt es auch unterschiedliche Positionen, an denen sich das Frontsystem befinden können muss.. Darüber hinaus muss man auch in der Lage sein, bei Bedarf eine ganz einfache Stereo-Beschallung zu machen oder den Raum komplett anders oder zum Beispiel auch mit und ohne Tribüne zu nutzen. Diese geforderte Flexibilität hat in der Planungsphase natürlich eine gewisse Zeit in Anspruch genommen, um ein Konzept zu finden, das für all diese verschiedenen Anwendungen funktionieren würde.

In der Planungsphase hatte Martin Rode gemeinsam mit dem Radialsystem-Team aufgrund des Anforderungsprofils mit Soundvision ein Raummodell und Entwürfe für das Beschallungskonzept erstellt, präsentiert und mit dem Team diskutiert. In der Ausführungsphase wurde das System eingerichtet, angehört und dann ggf. noch modifiziert und optimiert. Bei diesem Prozess half auch die große Erfahrung, über die Sherif el Barbari und die anderen L-Acoustics Mitarbeiter verfügen, ohne große Umwege zu einem tragfähigen Konzept zu kommen. Natürlich gab es von Seiten des Hauses auch ein Budget, das berücksichtigt werden musste – ein Aspekt, der es natürlich auch erfordert, die Planung entsprechend anzulegen und im Prozeß ggf. anzupassen. Das System wurde schließlich von der PIK AG geliefert und vom Radialsystem-Team installiert. Die Einmessung und Einrichtung erfolgte durch Martin Rode und Martin Wurmnest, L-ISA-Application Engineer.

Für das Radialsystem als Betreiber der Anlage ist ein wichtiger Vorteil natürlich auch der, dass ein L-Acoustics System praktisch automatisch ridertauglich ist, es also bei Produktionen keine Diskussionen bezüglich der Qualität der Beschallungsanlage gibt. Gleichzeitig sind beim L-Acoustics L-ISA-System die immersiven Features ein integraler Teil des Systems, man muss also nicht mit externen Komponenten und Methoden quasi von außen Spatial-Audio-Features implementieren, die dann vielleicht umständlich zu bedienen wären und daher letztendlich womöglich gar nicht genutzt würden. Ein weiteres Komfortfeature ist in diesem Zusammenhang die Anbindung an das vorhandene DiGiCo-Pult via DeskLink. Die einzelnen Objekte können so aus dem jeweiligen Pultkanal heraus gesteuert werden.

Der sozusagen kombinierte Vorteil bei der vorliegenden Installation besteht also auf der einen Seite darin, das Alleinstellungsmerkmal eines immersiven Beschallungssystems zu haben, das bei Bedarf auch verschiedene Mehrkanalkonfigurationen abbilden kann, und auf der andern Seite darin, ein ridertaugliches Beschallungssystem zu sein, dass auch bei „ganz normalen“ Produktionen mit einer sehr hohen Akzeptanz bei den Produktionen aufwarten kann.
Der Zweck, warum man das überhaupt macht, ist ja, den Klangraum zu erweitern und weg von einer Stereobeschallung zu kommen. Ziel ist u.a., eine realistische klangliche Abbildung von dem zu bekommen, was zum Beispiel an Instrumenten in einem Orchester auf der Bühne sichtbar ist.
Der L-ISA System-Ansatz greift genau das auf und sorgt für eine korrekte Abbildung der Schallobjekte auf dem Frontsystem. In der Folge hört das Publikum den Akteur oder das Instrument da, wo es auch visuell wahrgenommen wird. Dadurch ergibt sich ein Einklang aus visueller und auditiver Wahrnehmung, die der natürlichen Hörsituation entspricht. Vor allem lassen sich komplexe Klangkörper – wie bespielsweise ein Orchester – elektroakustisch so wiedergeben, wie dies ohne Beschallung in einem Konzertsaal der Fall wäre.

Konkret bedeutet dies, dass der FOH-Ingenieur pro Schallobjekt die Parameter Panorama; Width (Breite), Distance (räumliche Tiefe), Elevation (Überkopf-Panning bei Overhead_Systemen) und einen AUX-Weg zur Verfügung hat. Es geht mithin nicht nur um eine räumliche Anordnung mittels Panning, sondern auch um eine Anordnung in der Tiefe des Raumes samt optionalem Distanzdelay. Durch den Einsatz des „Width“-Parameters können einzelne Objekte zudem über mehrere Lautsprecher wiedergegeben werden und klingen so fetter. Hierdurch wird auf dem Frontalsystem ein hyperreales Klangbild erzeugt. Über diesen primären hyperrealen, frontalen Ansatz hinaus, kann L-ISA dann ebenfalls Surround und Overheadsysteme ansteuern, um ein immersives Klangerlebnis zu erzeugen. Die Besonderheit und das Alleinstellungsmerkmal von L-ISA ist hier, dass dynamische Fahrten von Objekten auch in Echtzeit über Kopf vonstatten gehen und nicht nur in der horizontalen Ebene bzw. in der Tiefe des Raumes.
Wenn man ein solches System als Hausanlage verfügbar hat, kann man es natürlich auch, gegebenenfalls probeweise, in Anwendungen einsetzen, für die man ein solches System nicht extra aufbauen würde. Umgekehrt ist es natürlich auch möglich, nur einen Teil der Anlage für eine einfachere Konfiguration zu nutzen. Wenn beispielsweise eine Produktion oder Veranstaltung im Vorfeld mitteilt, nur eine klassische Stereobeschallung zu benötigen, kann man auch das realisieren, denn die äußeren beiden der insgesamt fünf Arrays der Frontbeschallung hängen an den Positionen, an denen man auch ein klassisches Stereosystem installiert hätte. In diesem Fall benutzt man von den L-ISA- Lautsprechern nur diese beiden Frontsysteme. Aber natürlich ist von Seiten des Hauses die Intention die umgekehrte, nämlich dass Produktionen, die bisher mit einer Stereo- oder LCR-Beschallung auskamen, in Zukunft die Vorteile einer richtungsgetreuen oder sogar immersiven Beschallung nutzen werden.
Allein schon die Möglichkeit, mit dem L-ISA-System eine richtungsgetreue Abbildung von Klangkörpern auf der Bühne für über 85% des Publikums realisieren zu können, ist ein enormer Fortschritt gegenüber der klassischen Stereo-Beschallung. Wie bereits erwähnt, sorgt ja der Präzedenzeffekt dafür, dass bei einem traditionellen Aufbau für nur ca. 5-10 % des Publikums eine Schallquellenortung über Phantomschallquellen möglich ist.

Mit der L-ISA Controller Bediensoftware ist es möglich, auf der grafischen Benutzeroberfläche Quellen im Raum zu positionieren. Die Software konfiguriert dann den L-ISA Prozessor so, dass die Front-, Wand- und Deckenlautsprecher ein Schallfeld in der Weise erzeugen, dass mehr als 85% der Zuhörenden – der genaue Wert ist abhängig vom Raum und dessen akustischen Eigenschaften – die Quellen aus den gewünschten Richtungen hören, beispielsweise also auch akustisch dort lokalisieren, wo sie auf der Bühne zu sehen sind. Eine auf diese Weise in der Softwareoberfläche definierte bzw. aufgebaute akustische Szene wird also vom bei weitem überwiegenden Anteil der Zuhörerschaft in gleicher oder zumindest sehr ähnlicher Weise wahrgenommen.

Da Lautsprechersysteme über der Bühne und an den Raumbegrenzungsflächen im Zuschauerbereich installiert sind, ist auch eine sehr flexible Effektzuspielung aus praktisch allen Raumrichtungen möglich, was in den verschiedensten Situationen helfen kann, den gewünschten Raumeindruck aufzubauen.
Bei dem Einsatz des L-ISA-Systems geht es allerdings nicht darum, sozusagen überzuperformen, also Effekthascherei zu betreiben, sondern eigentlich darum, ein Klangbild zu kreieren, das mit dem visuellen Eindruck übereinstimmt – eine Aufgabe, bei der man mit Stereo auf jeden Fall an seine Grenzen käme, weil man mit der Links/Rechts-Beschallung einfach viel weniger Räumlichkeit abbilden kann.
Natürlich gibt es auch den künstlerisch/experimentellen Bereich mit Klangregisseuren, die einen eher experimentellen Ansatz haben und bewusst mit elektronischen Mitteln und Effekten arbeiten wollen. Das ist mit der Anlage auch möglich, aber natürlich ein ganz anderes Arbeiten als beispielsweise bei der richtungstreuen, immersiven Abbildung einer orchestralen Situation auf der Bühne.
Letzteres ist derzeit die deutlich häufigere Situation, weshalb dies auch im Anforderungsprofil eine sehr wichtige Rolle spielte. Nicht die Anlage und die mit ihr gegebenenfalls möglichen Effekte sollten im Vordergrund stehen, sondern eine möglichst flexible, immersive Beschallung, bei der aber die eingesetzten technischen Mittel für das Publikum im Hintergrund bleiben sollten. Idealerweise soll so ein eindrucksvolles Konzerterlebnis geschaffen werden, eigentlich ohne dass das Publikum bemerkt, dass der Grund für das intensivere Erlebnis die aufwändige Beschallungstechnik ist.

Natürlich ist es auch für die Tonschaffenden neu, einen so tiefen Durchgriff auf die Komponenten des akustischen Erlebens in einem Raum zu haben, indem sehr viel mehr Freiheitsgrade bei den beschallungtechnischen Möglichkeiten zur Verfügung stehen.
Wo in einem klassischen Stereosystem nur ein Panorama-Poti für die Platzierung eines Hörereignisses auf der „Stereobühne“ verfügbar war, hat man in einem L-ISA-System für die räumliche Definition jedes Schallobjektes nicht nur den bekannte Panorama-Parameter zur Verfügung, sondern auch den Parameter Distance für die Platzierung in der räumlichen bzw. Bühnen-Tiefe sowie die wahrgenommene Höhe (Elevation) in der das Schallobjekt wahrgenommen wird. Für diesen letzten Parameter braucht man auch Overhead-Lautsprechersysteme. Darüber hinaus ist auch die Ausdehnung/Breite (Width) eines Schallobjekts bzw. der virtuellen Quelle einstellbar. Diesen Parameter kann man beispielsweise einsetzen, wenn das Audiosignal eine ausgedehnte Quelle, wie etwa eine Instrumentengruppe in einem Orchester, repräsentiert.

Diese breite Palette an Einstallmöglichkeiten erfordert natürlich Verwaltungs- und Bedien-Werkzeuge in Hard- und Software, weil für das Erreichen des klanglichen Ziels so viele technische Einzelkomponenten und deren Parameter konfiguriert und ggf. auch im Verlauf der Aufführung nachgeführt werden müssen, dass das von Hand nicht mehr möglich ist. Das ist nur mit komfortablen Bedien-Werkzeugen möglich, mit denen man nicht mehr einzelne technische Parameter, wie etwa Verstärkungsfaktoren, Delays, Filter und sonstige Signalverarbeitungsfunktionen konfigurieren muss, sondern objektorientiert Eigenschaften von Schallquellen, wie etwa Position, Ausdehnung und dergleichen, intuitiv, z.B. grafisch, einstellen kann.

Das L-Acoustics L-ISA-System bietet als Unterstützung für das Sound Design mit der L-ISA Studio Software auch die Möglichkeit, Konfigurationen über Kopfhörer vorzuhören. Die verwendeten Lautsprecher werden dabei als mittels gespeicherter Außenohr-Übertragungsfunktionen richtungsgetreu über Kopfhörer dargestellt. Diese Software steht inzwischen in der binauralen Version kostenlos als Download zur Verfügung.
Auf diese Weise lassen sich neue Konfigurationen sozusagen offline im Voraus einrichten, auch wenn das Produktivsystem nicht zum Vorhören zur Verfügung steht – beispielsweise weil die Halle belegt oder die Lautsprecheranlage gerade anders konfiguriert ist. Auf diese Weise kann man die Anlage schon sehr weitgehend für eine neue Anwendung vorkonfigurieren, die Konfigurationsdatei auf das Produktivsystem übertragen, und braucht dann nur noch Feinabstimmungen vorzunehmen. Basis ist hier die Systemplanung in der Soundvision-Software, die das Sounddesign in die L-ISA Studio Software exportiert. Gleiches geschieht in der L-ISA Controller-Software. So kennen beide Programme die Position der Lautsprecher im Sounddesign.

L-ISA System
Beim L-ISA-System unterscheidet L-Acoustics zwischen Lautsprecherkonfigurationen für Hyperreal Sound, Immersive Hyperreal Sound und kreative Konfigurationen für spezielle Zwecke.
Ein erster Schritt in Richtung besserer Qualität für die Zuhörer von einer Stereo- oder LCR-Beschallung besteht in einer richtungsgetreuen Lokalisierung der Schallquellen auf der Bühne, für idealerweise alle Zuhörer, sowie einer Erweiterung des Audiopanoramas. Dies bezeichnet L-Acoustics als Hyperreal Sound. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Stereo- oder LCR-Lautsprecherlayout basiert L-ISA Hyperreal Sound auf einer horizontalen Anordnung von Lautsprecherarrays, die über die gesamte Breite der Bühne und bei Bedarf auch darüber hinaus, verteilt sind. Diese Konfiguration der Front-Lautsprecher sorgt durch eine passende Ansteuerung der Lautsprecher dafür, dass praktisch alle Zuhörer eine richtungsgetreue Quellenortung erfahren können.
Dieser Effekt basiert auf dem Zusammenwirken aller Frontlautsprecher, deshalb sollten möglichst viele Zuhörer alle Arrays hören können. Funktional kann man das Front-System aus drei Teilen bestehend auffassen, dem Scene-System, das sind die über die Bühnenbreite verteilten Frontsysteme, dem Extension-System, das sind die Lautsprecher außerhalb der Bühnenbasis, und den Subwoofern.

Eine Konfiguration für immersiven Hyperreal-Sound wird für Projekte benötigt, bei denen die Quellenlokalisation über die herkömmliche, frontale Performancezone auf der Bühne hinausgehen. Um diese erweiterte Quellenortung zu ermöglichen, setzt L-Acoustics zusätzlich Overhead- und Surround-Lautsprecher über und um den Zuschauerbereich herum ein, die das Frontsystem ergänzen.

Surround-Lautsprechersysteme

In einem ersten, über Hyperreal Sound hinausgehenden, Ausbauschritt kann man Surround-Lautsprechersysteme einsetzen, die um das Publikum herum – links, rechts und hinten, also typischerweise an Seitenwänden und Rückwand – installiert werden. Sie vermitteln das Gefühl, in den Klang eingebettet zu sein, anstatt dem Klanggeschehen nur gegenüberzustehen.
Zusätzlich kann man die Fähigkeiten der Room-Engine des L-ISA-Prozessors einsetzen, um zum Beispiel bei einem klassischen Orchester mithilfe der Surround-Systeme für das Publikum den Eindruck entstehen zu lassen, sich in einem großen Saal zu befinden.

Die Overhead-Lautsprecher sind in der Deckenkonstruktion kaum zu sehen.

Overhead-Lautsprecher werden oberhalb der Front- und Surround- Lautsprechersysteme bzw. an der Decke installiert. Sie ermöglichen bei den virtuellen Schallquellenpositionen eine zusätzliche Höhendimension, auf die auch in der Bedienoberfläche der L-ISA-Controller Software über den Elevation-Parameter zugegriffen werden kann.

Bei eher atmosphärischen Klangräumen ohne individuell heraushörbare Einzelschallquellen sorgen die Höhensysteme für ein intensiveres Erlebnis des Eintauchens in den Klangraum, weil nun Schall von allen Seiten inklusive oben kommen kann. Mit den Höhenlautsprechern sind in Verbindung mit der L-ISA Controller Software auch spezielle Effekte oder Quellen darstellbar, die sich beispielsweise hörbar über die Köpfe der Zuhörerschaft hinweg bewegen.
Um schon in der Planungsphase ein für alle diese Anwendungen geeignetes Lautsprecherlayout entwerfen zu können, bietet die L-Acoustics Soundvision Software Kriterien und Metriken an, die die Abdeckung und Performance der Front-, Surround- und Höhen-Systemen vorhersagen kann und so eine umfassende Bewertung eines 3D-Soundsystem-Layouts bereits in der Planungs- und Simulationsphase ermöglichen.

Ein L-ISA-System entsteht also durch das Zusammenwirken verschiedener Soft- und Hardwarekomponenten während der Planungs- und der Betriebsphase. Das Planungstool für den Entwurf eines Systems ist Soundvision. Der L-ISA Processor II wiederum ist die Hardwarekomponente, die in der Betriebsphase die Umsetzung aller erforderlichen Signalverarbeitungsaufgaben übernimmt, die sich aus dem zuvor definierten Systemdesign und der Definition der akustischen Szene(n) in der Bedien-Software ergeben – und das in Echtzeit und mit sehr geringer Latenz. Dies schließt auch objektbasierte Signalverarbeitung und virtuelle (Raum-)Akustik ein, soweit das Lautsprecherlayout dies ermöglicht. Im Falle des L-ISA Processor II beträgt die Latenz 3,2ms, beim L-ISA Processor I wurde die Latenz mit <5ms angegeben.

Der L-ISA Processor II kann bis zu 96 Audioobjekte auf 128 Lautsprecher in einem 2D- oder 3D-Layout rendern, mit spezifischen räumlichen Downmixes für Füll-Lautsprecher, Subwoofer oder binaurale Kopfhörerwiedergabe.

Die L-ISA Studio Software bietet die gleiche Audioqualität und enthält die gleiche Room Engine wie der L-ISA Processor II. L-ISA Studio kann parallel zu jeder Digital Audio Workstation laufen und bis zu 96 Objekte auf 12 Lautsprecher in einer 2D- oder 3D-Konfiguration rendern. Mit der integrierten Binaural-Engine inklusive Headtracking können auch größere Lautsprecherkonfigurationen realistisch über Kopfhörer wiedergegeben bzw. vorgehört werden.

Die Scene-, Nahfeld-, Surround und Elevationsssysteme im Radialsystem in der grafischen Darstellung der Soundvision Software (Grafik: L-Acoustics)

Systemkonzept
Das Konzept für das immersive Beschallungssystem im Radialsystem wurde mit den folgenden Anlagenkomponenten ausgeführt:
Als Szenensystem wurden über die Bühnenbreite fünf Front-Arrays, bestehend aus je zwei Arrayelementen L-Acoustics A15 Wide und einem A15 Focus. Je nach Ausgestaltung der Szenenfläche können diese Frontsysteme weiter vorn oder etwas weiter hinten geflogen werden. Die jeweilige Hängeposition wird durch passende Presets im L-ISA Prozessor berücksichtigt.


Als Front-Fill kommen fünf L-Acoustics X8 Systeme zum Einsatz, die am Bühnenrand platziert werden, um in den vordersten Reihen die Schallquellenortung auf der Bühne unten zu halten, die sonst durch die Flughöhe der Frontsysteme nach oben verschoben würde.


Im Tieftonbereich wird dieses Szenensystem ergänzt durch zwei Subwoofer-Arrays aus je zwei L-Acoustics KS21 und einem KS21 cardioid, die als geflogenes, Endfiresystem mit cardioider Richtcharakteristik betrieben werden.

Für den immersiven Teil des L-ISA Beschallungssystems werden insgesamt 20 Lautsprechersysteme vom Typ L-Acoustics X8 eingesetzt, davon drei an der Rückwand, je vier an den Seitenwänden links und rechts und schließlich drei Reihen zu je drei Systemen an Decke.

Für die Leistungsversorgung der Lautsprechersysteme kommen durchgehend L-Acoustics Systemverstärker zum Einsatz, und zwar die Typen LA4X für die Front Beschallung, LA12X für das Subwoofer-Array sowie LA2Xi-Verstärker für die Surround- und Overhead-Lautsprecher. Die PA wird mittels AVB angefahren, wofür u.a. ein AVB-fähiger Netzwerkswitch LS10 eingesetzt wird. Ein P1 Front-End-Processor mit integriertem Messsystem ist am FOH platziert fungiert gleichfalls als AVB-Bridge. Er wandelt analoge und AES/EBU-Signale auf AVB und kann zusätzlich auch Gastpulte einbinden.
Der L-ISA Prozessor ist redundant ausgeführt, als FOH-Konsole kommt eine DiGiCo SD8 zum Einsatz.

Betrieb
Im Radialsystem arbeitet in der Tontechnik nur ein kleiner Teil des Personals fest angestellt, aber es gibt seit vielen Jahren einen stabilen Pool von festen freien Tonleuten. An den Schulungen, die L-Acoustics durchgeführt hatte, sollten möglichst viele Personen beteiligt sein, die auch bereits seit vielen Jahren Operator an den Pulten sind. Auf diese Weise sind 7-8 geschulte Personen vorhanden, die auch mehr oder weniger selbstständig mit dem System umgehen können, so dass nicht für jede Aufführung drei Mitarbeiter:innen bei einer Veranstaltung dabei sein müssen.
Parallel kommen oft auch Produktionen mit einem eigenen Klangregisseur, so dass das Radialsystem-Team dann vielleicht gar nicht die Klangregie hat, aber das externe Personal betreuen und in das System einführen muss. Das heißt, das Team muss auch die Arbeit mit dem L-ISA-System vermitteln können und beherrschen. Es war also eine Herausforderung, zu sagen: Wir sind selbst in einem Lernprozess, müssen aber gleichzeitig das System anderen Leuten nahebringen, erklären, was wir machen, wie es funktioniert und das den externen Tonleuten auch beibringen. Manche Externe waren sofort sehr offen und wollten selbst die Funktion des Operators übernehmen, andere sagten: Ok, ich gebe die Kommandos und Ihr setzt alles möglich genau um.

Bei Produktionen, die noch nicht mit L-ISA gearbeitet haben, ist es logischerweise so, dass auch nicht die Features des L-ISA-Systems als vorhanden vorausgesetzt werden, sondern vielleicht in Vier- oder Achtkanalton produziert wurde. In diesem Fall ist es im Prinzip auch möglich, im L-ISA System eine vier- oder achtkanalige Konfiguration mit entsprechend vielen virtuellen Schallquellen anzulegen, und diese letztendlich für den externen Klangregisseur auf entsprechend viele Fader abzubilden. Damit kann die Produktion dann „wie gewohnt“ gefahren werden, ohne dass die externe Produktion etwas von der Funktionalitäten des L-ISA Systems wissen muss.

In der Praxis kommen beide Varianten vor. Bei der Veranstaltung „Heroines auf Sound“ kam tatsächlich beides vor – einmal das große Ensemble, bei dem man L-ISA richtig intensiv nutzen konnte, aber auch eine Situation, bei der es um eine 8-Kanal- oder 4-Kanal-Zuspielung ging, die dann genau wie oben beschrieben realisiert wurde. Man könnte es auch anders machen und noch etwas mehr Variation hineinbringen. Man ist ja z.B. nicht auf die Positionen der virtuellen Lautsprecher festgelegt, sondern kann diese auch noch ein bisschen verschieben – nach oben oder nach links/rechts oder die Quellen etwas breiter machen. Bisher wurde das aber nicht gemacht.

Rückmeldung aus der Tonabteilung
Die Vorteile des neuen L-ISA Systems kann man aus der Sicht der Tontechnik in verschiedenen Ebenen beschreiben.
Die einfachste ist: Einen großen Vorteil des neuen System kann man schon bei einer einfachen Frontalbeschallung ohne Surround darin sehen, dass man einfach eine deutlich bessere Aufteilung der Klangquellen auf der Bühne hat – viel detaillierter als bei reiner links/rechts Beschallung mit ihren Phantomschallquellen, die man dann irgendwo dazwischen verortet, je nachdem, wo man sitzt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass man die Ortung und das Stereobild, das man erzeugt, tatsächlich an deutlich mehr Plätze transportieren kann, als das früher möglich war. Das ist ein Vorteil, den man schon mit dem „kleinen“ L-ISA-Setup – also dem „Scene-System“ im L-ISA-Jargon – hat.

Man kann dann weiter gehen zu dem, was man Immersive Sound nennt, also einer einhüllenden Klanggestaltung – etwas, das man im Radialsystem ja auch früher schon mit eigenen Mehrpunkt-Lautsprechersetups für die Beschallung gemacht hat. So etwas kann man natürlich mit dem L-ISA System jetzt sehr viel einfacher umsetzen. Früher musste man selbst geeignete Lautsprecherpositionen finden und sozusagen zu Fuß ermitteln, welche Ansteuer-Parameter für die einzelnen Lautsprecherwege erforderlich sind, um ein gutes Ergebnis für möglichst viele Plätze zu erzielen. Mit dem L-ISA System passiert das automatisch während der Planungsphase, Systemeinrichtung und der Konfiguration des L-ISA Prozessors. Als Operator braucht man nur noch auf der grafischen Bedienoberfläche die virtuellen Schallquellen platzieren, deren Eigenschaften vorgeben – alles andere passiert sozusagen unter der Haube des Systems.

Drittens kann man auch die Room Engine des L-ISA Prozessors nutzen, um beispielsweise auf wechselnde Eigenschaften des Saals einzugehen. Wenn z.B. im Bühnenbereich und im Saal viel Stoff und Vorhänge verwendet werden, der Saal also etwas trockener ist, kann man gezielt und dosiert Hallanteile zu geben, oder mit diesen Mitteln auch durch Zugabe oder Wegnahme von Räumlichkeit eine sehr intime oder sehr lebendige Räumlichkeit erschaffen. Das alles nicht in Form von plakativen Effekten, sondern auch so subtil, dass das Publikum selbst dies gar nicht als Veränderung der Raumakustik wahrnimmt. Das Publikum fühlt sich einfach besser ins Geschehen eingehüllt. Es wirkt akustisch nicht wie „da vorne passiert etwas, und ich sitze hier getrennt davon im Publikum“ sondern „ich bin Teil des Geschehens, es hat etwas mit mir zu tun“.
Im L-ISA Prozessor ist das integriert und man kann solche Reverb-Szenarien definieren und diese Effekte sehr dosiert, z.B. auch nur in bestimmten Bereichen einsetzen. All das ist deutlich einfacher und direkter im Zugriff als beispielsweise in den früheren, selbst konstruierten Szenarien.

Zusammenfassung
Das Team des Radialsystem in Berlin ist mit der vorliegenden Installation sozusagen einen Schritt in die Zukunft gegangen. Während es früher in Aufführungsstätten keine Selbstverständlichkeit war, überhaupt eine Hausanlage in einer Qualität zu haben, die auch von tourenden Produktionen akzeptiert und genutzt wurde, hat das Radialsystem jetzt einen Tonanlage, die nicht nur von hoher Qualität und problemlos ridertauglich ist, sondern auch sicherstellen kann, dass der bei weitem überwiegende Teil des Publikums eine elektroakustische Versorgung genießen kann, bei der das Gehörte dem entspricht, was auf der Bühne zu sehen ist und sich die Zuschauer in den Klangraum eingebettet fühlen. Was so einfach scheint, bedeutet unter der Haube einen nicht zu vernachlässigenden technischen Aufwand, der aber durch die integrierten Komponenten des neuen L-ISA-Systems von L-Acoustics, speziell dem L-ISA-Processor und der Controller-Software die Tonschaffenden nicht belastet.