Neue Ton- und Beschallungstechnik für den Dom zu Magdeburg
Der Dom zu Magdeburg – ganz genau: Dom zu Magdeburg St. Mauritius und Katharina – ist der erste gotische Kathedralbau auf deutschem Boden. Der Dom ist Predigtkirche des Landesbischofs der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, also ein Kirchenbauwerk, das auf die Wortverkündigung ausgerichtet ist. In diesem Zusammenhang ist es natürlich von besonderer Bedeutung, eine gute Sprachverständlichkeit sicherzustellen. In den vergangenen Jahrhunderten gab es nur bauliche Mittel, um diesem Ziel näher zu kommen, heutzutage ist das sehr viel effektiver auch mit modernsten elektroakustischen Mitteln möglich. In den vergangenen Jahren ist daher eine neue Beschallungsanlage konzipiert und installiert worden, die seit vergangenem Jahr für eine sehr gute Sprachverständlichkeit und auch einen guten Medienton im Dom sorgt.
Architektur, bauliche Randbedingungen
Die Geschichte des Doms zu Magdeburg lässt sich bis ins Jahr 937 zurückverfolgen, als Otto der Große auf dem Magdeburger Domhügel ein Benediktinerkloster gründete, dessen Mauritiuskirche ab 955 zu einer romanischen Basilika (ottonischer Dom) umgebaut wurde. Diese Kirche ist nicht mit dem heutigen Dom identisch, der noch einen weiteren Vorgänger hatte, bis im September des Jahres 1207 der Grundstein für den heutigen Dom gelegt wurde. Dieses Bauwerk wurde im Laufe der Jahrhunderte noch mehrfach verändert und vergrößert, in Kriegen – zuletzt dem 2. Weltkrieg – beschädigt und wieder aufgebaut.
Angesichts der langen Bauhistorie liegt es auf der Hand, dass die Architektur des Doms nicht von einer Auslegung auf günstige Randbedingungen für eine elektroakustische Unterstützung geprägt gewesen sein kann, weil man damals noch nicht wissen konnte, was Jahrhunderte später einmal Lautsprecher sein würden.
Planung und Ausführung
Der Dom befindet sich im Eigentum der 1994 vom Land Sachsen-Anhalt gegründeten Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, Auftraggeberin für das nachfolgend beschriebene Projekt war die Evangelische Domgemeinde Magdeburg.
Nach einer umfangreichen Evaluationsphase erhielt die Pan Acoustics GmbH aus Wolfenbüttel den Auftrag für Konzeption, Lieferung und Installation der elektroakustischen Anlage. Auf Architektenseite wurde das Projekt betreut von der Firma sußmann + sußmann architekten und ingenieure aus Magdeburg.
Begonnen wurde das Projekt im Jahr 2020, wobei die beginnende Corona-Pandemie sehr schnell schon Verzögerungen bewirkte. Die eigentliche Planungsphase fand dann in 2021 statt, die Realisierung kam dann in 2022. Entsprechend der ursprünglichen Zeitplanung hätte eigentlich schon im Oktober 2021 installiert werden sollen, es gab aber einen Verzug, weil Kabel nicht lieferbar waren und es zusätzliche wegen Personalmangel Verzug an der Baustelle gab. Aus diesem Grund konnte man dann erst ab März 2022 installieren, obwohl die Auftragserteilung schon etwa ein Jahr früher erfolgt war.
Als nicht zu unterschätzender Vorteil der frühen Bestellung stellte sich angesichts vieler unterbrochener Lieferketten heraus, dass das für die Installation erforderliche Material bei Baubeginn schon vorhanden und bei Pan Acoustics gelagert worden war, so dass man bei der Installation sozusagen aus dem Vollen schöpfen konnte. Für die Lieferseite war es natürlich ein Nachteil, das ganze Material vorfinanzieren zu müssen, für die Gemeinde war aber der Vorteil der, die Beschaffung rechtzeitig zu günstigen Konditionen gesichert zu haben.
Aber auch Pan Acoustics hatte das Glück, die Komponenten noch ganz normal vor den Lieferengpässen in verschiedenen einschlägigen Bereichen bestellt zu haben. In 2022 noch kurzfristig z.B. Audio-DSPs beschaffen zu können, wäre wohl nahezu unmöglich gewesen, so dass es letztendlich für alle Beteiligten gut war, alle Komponenten für die Installation schon komplett lagern zu haben.
Erneuerung der Beschallungsanlage
Generell ist es bei ton- und beschallungstechnischen Installationen ja so, dass es sich um – zum Teil technologisch sehr anspruchsvolle – technische Geräte handelt, die auch einem Lebenszyklus unterworfen sind, der auch von der technischen Fortentwicklung und der Verfügbarkeit von Ersatzteilen für ggf. notwendige Wartungsarbeiten geprägt wird. Darüber hinaus werden solche Anlagen auch finanziert und ggf. steuerlich abgeschrieben. Aus diesen Randbedingungen ergeben sich typische Nutzungsdauern, nach denen zum einen ein Weiterbetrieb aufgrund der steigenden Wartungskosten oder der Abkündigung von Ersatzkomponenten nicht mehr wirtschaftlich ist. Zum anderen kann auch der technische Fortschritt eine Erneuerung nahelegen, falls nach Ende der Abschreibungszeit mit vergleichbarem finanziellen Aufwand eine Neuinstallation deutlich bessere Ergebnisse verspricht als ein Weiterbetrieb der Bestandsanlage.
Eine vergleichbare Situation präsentierte sich auch der Domgemeinde in Magdeburg. Es häuften sich zunehmend die Stimmen, die mit dem, was mit der vorhandenen Technik umgesetzt werden konnte, nicht mehr zufrieden waren. Das ist natürlich aus dem zuvor Gesagten einfach technisch erklärbar – inzwischen waren einfach viele Komponenten veraltet. Auch ein nicht mehr der aktuellen Nutzung entsprechendes Beschallungskonzept brachte in der Kombination mit einer durch schallharte Oberflächen und ein großes Raumvolumen geprägten Raumakustik kein Klangergebnis und keine Sprachverständlichkeit, wie sie mit einer aktuellen technischen Konzeption erreichbar ist, die sich besser auf die Raumakustik abstimmen lässt.
Auch die Kirchenleitung und die Bischöfin waren mit der Leistung der Bestandsanlage nicht mehr zufrieden, so dass das Projekt einer Erneuerung der Beschallungsanlage für den Dom zu Magdeburg mit einem aktuellen Beschallungskonzept in die Wege geleitet wurde.
Beschallungsaufgaben
Am Beginn der Konzeption einer tragfähigen Beschallungslösung steht natürlich erst einmal eine Bestandsaufnahme. Wie soll der Dom überhaupt genutzt und elektroakustisch bespielt werden, und wie sind die raumakustischen Randbedingungen?
Der Dom zu Magdeburg ist ja nicht nur eine Stätte der Begegnung der religiösen, sondern auch eine der kulturellen Art – in Form von Lesungen (zum Beispiel mit dem Schauspieler Tom Becker), Konzerten und anderen Veranstaltungen, die im Dom stattfinden.
Die neue Tonanlage sollte also nicht nur den Anforderungen an eine gute Sprachverständlichkeit genügen, wie sie in Gottesdiensten gestellt werden, sondern auch das Anforderungsprofil verschiedener kultureller und sonstiger Veranstaltungen abdecken können, wie etwa auch die Verleihung des traditionellen Kaiser-Otto-Preises der Landeshauptstadt Magdeburg.
Dabei kann es sich durchaus auch um Veranstaltungen mit sehr großem Besucherzustrom handeln – die seltener vorkommen – oder auch Beschallungssituationen, bei denen der Dom sozusagen in umgekehrter Richtung beschallt wird. Typischerweise wären dies etwa Taufen, denn der Taufstein steht im hinteren Teil des Doms, so dass sich die Gemeinde für das eigentliche Taufritual nach hinten umdreht. Dazu später mehr.
Es gibt auch Veranstaltungen wie das Eröffnungskonzert des MDR Musiksommers, das ebenfalls im Westteil des Doms stattfindet, aber vom MDR meist mit eigenem Material beschallt wird.
Für die Konzeption der neuen Beschallungsanlage konzentrierte man sich also auf die typische Nutzung im Rahmen von Gottesdiensten und Veranstaltungen, die häufiger im Dom stattfinden. Kennzeichnend für die meisten Veranstaltungen ist ein Bedarf nach hoher Sprachverständlichkeit sowie für einige Zwecke auch eine gewisse Musiktauglichkeit. Da hier natürlich keine Rockkonzerte stattfinden, geht es hierbei nicht um lautstärkebetonte Musik, sondern eher darum, dass gelegentliche Musikeinspielungen – für Veranstaltungen und gegebenenfalls auch Meditationen – nicht quäkig oder verzerrt wiedergegeben werden sollten.
Raumakustik
Aber allein schon für eine gute Sprachverständlichkeit zu sorgen, ist in einem Kirchenbauwerk klassischen Zuschnitts, zu denen der Dom zu Magdeburg sicher auch zählt, keine leichte Aufgabe.
Viele Kirchen und Kathedralen sind in einer Zeit erbaut worden, zu der man naturgemäß noch nicht wissen konnte, was zweihundert oder mehr Jahre später einmal Lautsprecher sein würden und wie man mit baulichen Maßnahmen bewirken kann, dass eben jene Lautsprecher für eine gute Sprachverständlichkeit sorgen können. Heutzutage weiß man das, und das Problem besteht eher darin, dass man nun nicht mehr so darf, wie man gern möchte – Stichwort Denkmalschutz.
Das planerische Problem besteht also unter anderem darin, das Wissen um die eigentlich notwendigen raumakustischen und beschallungstechnischen Maßnahmen so in die Tat umzusetzen, dass denkmalschützerische Belange berücksichtigt werden, ohne dass das eigentliche Ziel gefährdet ist, eine gute Sprachverständlichkeit für möglichst alle Kirchen- bzw. Veranstaltungsbesucher zu erreichen.
Eine Kirche ist immer auch, und oft in erster Linie, ein Klangraum für die Orgel. Für Sprache gab es früher keine elektroakustische Unterstützung, sondern nur Schallreflektoren oberhalb der Kanzel. Und bei Predigten wurde damals auch anders gesprochen und artikuliert – eben der Raumakustik so angepasst, dass die Gemeinde trotz langer Nachhallzeiten der Predigt einigermaßen folgen konnte. Das sind Sprechtechniken, die heute nur selten beherrscht werden, obwohl das manchmal ganz nützlich wäre.
In modernen Kirchen und auch in historischen Kathedralen wünscht man sich von einer elektroakustischen Anlage natürlich, dass auch nicht speziell trainierte Sprecherinnen und Sprecher z.B. zu einem Gottesdienst durch Lesungen etc. beitragen können. Das Spektrum der Anforderungen in modernen Gottesdiensten, umso mehr aber auch in Veranstaltungen wie Lesungen und Festveranstaltungen, reicht von guter Sprachverständlichkeit bis hin zum guten Medienton.
Ein Aspekt, der auch beim Dom zu Magdeburg zum Tragen gekommen ist, war, dass zusätzlich zur Sprachbeschallung bei Gottesdiensten nicht nur guter Medienton gefordert, sondern auch eine Sprachalarmierung für eine Evakuierung notwendig war. Auch diesen Aspekt wollte man mit der neuen Beschallungsanlage abdecken.
Die Herausforderung besteht im Falle eines Doms wie dem in Magdeburg darin, dass man sich nicht wie bei „Standard-“Gebäuden einfach danach richten kann, was in der Landesbauordnung für den Bau von Sprachalarmierungsanlagen vorgeschrieben ist. Kirchen wie der Dom und andere Sakralbauten sind von den Vorgaben der Versammlungsstättenverordnung ausgenommen. Im Dom wären zwar einige Vorgaben durchaus umzusetzen. Weil hier ja auch Veranstaltungen wie Lesungen und Preisverleihungen stattfinden, sind beispielsweise Fluchtwege gekennzeichnet.
Aber der Dom dient in erster Linie dem Gottesdienst und hat eine dem Zweck entsprechende Architektur mit der damit einhergehenden Raumakustik und ist zudem als historisches Bauwerk auch denkmalgeschützt. Also kann man ihn nicht einfach wie einen durchschnittlichen Mehrzwecksaal behandeln und die entsprechend den Anforderungen der Versammlungsstättenverordnung erforderlichen baulichen, raumakustischen und elektroakustischen Maßnahmen einfordern und umsetzen, wie man es beispielsweise bei einem öffentlichen Gebäude tun würde.
Gegen ein Vorgehen nach „Schema F“ spricht schon allein die Raumakustik des Doms, die ja nicht in erster Linie für eine gute Sprachverständlichkeit so gebaut wurde, wie sie ist, sondern eher, um wie erwähnt der Orgel den Klangraum zu bieten, den sie benötigt. Hier steht primär der Gottesdienst, also der religiöse Aspekt, im Vordergrund.
In einem Fall wie dem vorliegenden kann man also nicht einfach eine Sprachalarmierung nach Pflichtenheft umsetzten, wie man das zum Beispiel in einem öffentlichen Gebäude tun kann.
Für eine wirkungsvolle Sprachalarmierung in einem Bauwerk wie dem Dom zu Magdeburg muss man sich die einschlägigen Verordnungen ansehen und sich überlegen: Was ist denn das eigentliche Schutzziel, das mit den vorgeschriebenen Maßnahmen erreicht werden soll?
An erster Stelle wird da ein Grundsatz stehen, der auch im Art.2 des Grundgesetzes nachlesbar ist, nämlich das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Ein Alarmierungskonzept für den Dom sollte dies also bestmöglich umsetzen, auch wenn man das eventuell nicht buchstabengetreu mit den in den einschlägigen Normen niedergeschriebenen Methoden realisieren kann.
Letztendlich muss man sich also an die Richtlinien und Vorgaben – sei es einer Norm, sei es einer Landesbauordnung – anlehnen und überlegen, wie man das im aktuellen Projekt, mit seinen Vorgaben und Randbedingungen, am besten umsetzen kann.
Bei einem denkmalgeschützten Objekt wie dem Dom zu Magdeburg kommt natürlich erschwerend hinzu, dass man nicht einfach die erforderlichen Lautsprechersysteme an den benötigten Standorten an Wand oder Säulen schrauben kann. Man kann auch nicht den Boden aufstemmen und eine komplette neue Stromversorgungs- und Signalverkabelung verlegen.
Es gibt aber vorhandene Wege, die man eventuell nutzen kann – z.B. alte Heizungsschächte oder die Katakomben – die man quasi als Infrastruktur für die neue Verkabelung heranziehen kann, um die benötigten Leitungen zu legen. Man muss also, idealerweise mit Kooperationspartnern, die sich im Bauwerk auskennen, schauen, was der Bestand ermöglicht, und welche Wege man nutzen kann.
Im vorliegenden Projekt, so Sebastian Oeynhausen von Pan Acoustics, ist die gute Zusammenarbeit mit Karsten Sußmann, dem zuständigen Architekten und Herrn Schmidt von der Elektroplanungsfirma hervorzuheben, die sehr pragmatisch und lösungsorientiert an die Sache herangegangen sind – auch in Zusammenarbeit mit Uwe Jahn, dem Küster des Doms zu Magdeburg. Sie kennen auch das Gebäude sehr gut, und wussten beispielsweise, dass vor Jahren schon verschiedene Leerrohre eingezogen worden waren, die man für das Projekt ebenfalls nutzen konnte. Allerdings war es nicht wirklich möglich, in diesen Leerrohren auch 230V-Leitungen zu verlegen.
Beschallungskonzept
Diese Idee ist auch in das Beschallungskonzept des Doms zu Magdeburg eingeflossen, und zwar unter Verwendung DSP-gesteuerter Linienstrahler. Gerade für Beschallungsaufgaben in denkmalgeschützten Bauwerken greift man gern zu DSP-gesteuerten Linienstrahlern mit digital konfigurierbarem Abstrahlverhalten (Beam-Steering). Sie sind von der Gehäuseform her eher lang und schlank und eignen sich deshalb dafür, unauffällig an Säulen oder an der Wand integriert zu werden – bei Bedarf auch in einer Lackierung, die der Farbgebung der Umgebung angepasst ist.
Vorteil solcher Beam-Steering-Systeme ist es, dass man im Gegensatz zu einfachen, passiven Linienstrahlern das native Abstrahlverhalten nicht einfach akzeptieren muss, wie es sich konstruktionsbedingt darstellt. Vielmehr kann man das Abstrahlverhalten beim Einrichten des Systems – typischerweise über eine Konfigurationssoftware des Herstellers – genau an die Hörerfläche(n) anpassen. Da die Strahlerlänge bis zu mehreren Metern betragen kann, ist es zumindest beim vertikalen Abstrahlverhalten möglich, eine ausgeprägte Bündelung der Schallabstrahlung auch bei tieferen Frequenzen zu erreichen. Das bedeutet insbesondere, dass man im gesamten Sprach-Frequenzbereich eine sehr kontrollierte Abstrahlung in der Vertikalen bekommt und so verhindern kann, dass Schallanteile auch in solche Richtungen abgestrahlt werden, die nur das Nachhallfeld in unerwünschter Weise anregen würden.
In der Horizontalen ist das Abstrahlverhalten solcher Linienstrahler typischerweise durch die Richtcharakteristik der Einzelchassis und von der Gehäusekonstruktion, z.B. durch vorhandene Schallführungen, bestimmt. Bei der Planung einer Beschallungsanlage muss man also die passenden Lautsprechersysteme auswählen und sie so platzieren, dass zusammen mit dem steuerbaren vertikalen Richtverhalten die gewünschten Hörerflächen bestmöglich versorgt werden, und möglichst wenig Schall in unerwünschte Richtung abgestrahlt wird.
Im Falle des Projektes Dom zu Magdeburg hatte man sich zunächst auf das grundlegende Beschallungskonzept verständigt und im Anschluss eine Evaluierung verschiedener Lautsprecherprodukte inklusive Probebeschallungen mit den Systemen durchgeführt, die in der engeren Auswahl waren.
Als Ergebnis dieser Evaluierungsphase entschied man sich für die Lautsprechersysteme des Wolfenbütteler Herstellers Pan Acoustics. Natürlich spielten bei der Entscheidung eine Rolle, dass die Pan Beam-Lautsprechersysteme die gewünschte Flexibilität bei der Einstellung des Abstrahlverhaltens und dank des Pan 2-Line Systems eine sehr unkomplizierte Verkabelung unter Nutzung des Bestandes bieten konnten. Nicht zuletzt vielleicht aber auch, weil der Hersteller nur eine gute Autostunde von Magdeburg entfernt ist und bei Problemen technischer Art sehr schnell Hilfe bzw. Unterstützung auch vor Ort würde leisten können. Man hatte natürlich eine zukunftsorientierte Nutzung über viele Jahre hinweg im Blick und achtete daher auch auf die Langlebigkeit und Hochwertigkeit der Komponenten.
Lautsprecherauswahl und -platzierung
Für die Beschallung des Dom-Innenraumes kommen durchgehend aktive Beam-Steering- Linienstrahler aus der Pan 2-Line Serie von Pan-Acoustics zum Einsatz. Ziel war es unter anderem, für die Haupt-Beschallungsaufgaben jeweils so wenige Lautsprechersysteme wie möglich einzusetzen, um so möglichst wenig Schallenergie in das Nachhallfeld einzutragen und auf diese Weise eine gute Sprachverständlichkeit auf allen Hörerplätzen sicherzustellen.
Für die Beschallung der Hörerplätze im Mittelschiff kommen daher nur sechs Linienstrahler zum Einsatz. Zwei PB 08-P2L sind links und rechts neben dem Altar etwa auf Höhe der Sprecherposition installiert. Es folgen und je zwei PB 16-P2L links und rechts als Delaysysteme mit Abständen von ca. 10m und ca. 35m zum Altar, die so das gesamte Mittelschiff über eine gesamte Beschallungsdistanz von etwa 57m versorgen.
Die PB 08-P2L und PB 16-P2L sind aktive, digital steuerbare Linienstrahler mit Beam Steering und Pan 2-Line Technologie, die für hochwertige Sprach- und Musikübertragungen konzipiert sind. Integriert ist ein Pan Audio DSP, die Systeme können direkt an eine Pan 2-Line-Verkabelung angeschlossen werden.
Die PB 08-P2L hat eine Länge von 90,6cm, ist mit 8 hochwertigen 3,5“-Lautsprecherchassis bestückt und hat eine typische Reichweite von 25m. Der Nenn-Übertragungsbereich reicht von 70Hz bis 18kHz, das System ist daher auch für Musikwiedergabe geeignet.
Die PB 16-P2L ist mit 180,6cm etwa doppelt so lang wie die PB 08-P2L, ist mit 16 3,5“-Lautsprecherchassis bestückt und kann daher eine größere Richtwirkung entfalten. Die typische Reichweite liegt daher bei 35m bei gleichem Nenn-Übertragungsbereich (70Hz – 18kHz). Die technische Ausstattung ist ansonsten identisch zur PB 08-P2L.
Für die Beschallung der Seitenschiffe kommen ebenfalls aktive Pan 2-Line- Linienstrahler mit Beam-Steering zum Einsatz, und zwar die kleineren PB 04-P2L mit einer Länge von 50,6cm, einer 4x 3,5“-Bestückung und einer typischen Reichweite von 15m. Vier Systeme pro Seite sind jeweils an den Säulen, also im Abstand von ca. 12-13m installiert und strahlen nach außen ins Seitenschiff. Für die Seitenschiffe entschied man sich für eine größere Zahl von Lautsprechersystemen, da die Seitenschiffe nicht immer voll besetzt sind und man so nicht benötigte Lautsprecher abschalten kann – wiederum, um nicht unnötig Schallenergie ins Nachhallfeld einzutragen.
Eine weitere PB 04-P2L ist an einer Säule vor dem Altar installiert, strahlt in „Gegenrichtung“ und dient so als Monitorlautsprecher für Altar und Ambo.
Der Hohe Chor ist durch den Lettner (s.o.) vom eigentlichen Kirchenraum getrennt und wird häufig separat genutzt. Hier kommt auch eine eigene Beschallung zum Einsatz. Die zu beschallende Fläche umfasst ca. 12m x 20m und wird von zwei PB 12-P2L versorgt, die links und rechts des Altars installiert sind. Die PB 12-P2L sind Linienstrahler mit 12x 3,5“-Chassis und einer Strahlerlänge von 135,6cm.
Pan 2-Line
Ein besonders wichtiger Punkt bei der Entscheidung für die Pan 2-Line-Systeme war, dass Pan Acoustics eine sehr elegante Lösung für den potenziellen Konflikt zwischen denkmalgeschützter Bausubstanz und der Anforderung bieten konnte, dass für aktive Lautsprechersysteme natürlich eine 230V-Stromversorgung sowie Signal- und evtl. auch Steuerdatenverkabelung erforderlich sind.
Zudem war im vorliegenden Fall auch die Möglichkeit einer Audiovernetzung auf Dante-Basis gefordert, die sich allerdings bis jetzt auf die Installationen im Technikraum beschränkt.
So etwas in einem denkmalgeschützten Bestand zu installieren, ist keine leichte Aufgabe. Deshalb kam quasi wie gerufen, dass Pan Acoustics mit dem Pan 2-Line-System praktisch die Verkabelungslösung par excellence für eine solche Situation anbieten kann. Mit der Pan 2-Line Technologie können Audio-, Steuerdaten und die Spannungsversorgung über zwei Adern (2-Leiter) wie Lautsprecherkabel oder Kabel einer bereits bestehenden 100V-Installation übertragen werden.
Pan 2-Line (vormals Pan Powerline) bündelt mit einem patentierten Verfahren Stromversorgung, Signalverkabelung und die Übertragung von Steuerdaten in einem einzigen Adernpaar. Die Besonderheit des Verfahrens besteht darin, dass dafür nicht einmal ein neues Kabel gezogen werden muss, sondern vorhandene Kabel im Bestand, wie etwa Lautsprecherkabel – ob niederohmig oder für 100V-Lautsprecher – weiter genutzt werden können, solange sie genügend Querschnitt für die geplante Strombelastung aufweisen. Insbesondere muss die Bestandsverkabelung für einen hochwertigen Audiosignaltransport keine besonderen Voraussetzungen erfüllen – das Pan 2-Line-Verfahren digitalisiert das Audiosignal und ist so designt, dass es extrem unempfindlich gegenüber der Leitungsqualität ist. Studioqualität über Klingeldraht, sozusagen – um es mal pointiert zu formulieren.
Insbesondere ist es mit der Pan 2-Line Technologie also möglich, eine bestehende 100V-Verkabelung für passive Lautsprecher weiter zu nutzen und praktisch ohne weiteren Verkabelungsaufwand aktive, digital steuerbare Linienstrahler anzuschließen. Diesen Vorteil hat man natürlich nicht nur in denkmalgeschützten Bauwerken, auch in anderen Bauten ist es sicherlich ein Vorteil, wenn man die Kosten für eine Neuverkabelung für Stromversorgung, Signalverteilung und Vernetzung sowie ggf. das Aufstemmen von Wänden und Boden einsparen kann.
Die Pan 2-Line kompatiblen, aktiven Linienstrahler aus dem Pan Acoustics-Programm können direkt an eine Pan 2-Line-Verkabelung angeschlossen werden. Zentralenseitig ist naturgemäß ein Schnittstellenwandler erforderlich, die Central Control Unit CCU 2/2.
Die CCU 2/2 stellt zwei Pan 2-Line-Anschlüsse für ein Zweileitersystem mit beliebiger Polarität zur Verfügung. Jedem der beiden Pan 2-Line-Ausgänge ist ein eigener Audio-Eingang zugeordnet, über den das Audiosignal aus der Zentralentechnik (Mischpult, progammierbarer DSP, Player für Alarmierungsdurchsagen) eingespeist werden kann.
Steuerdaten werden über eine RS-232/RS-485 Schnittstelle eingespeist. Die CCU 2/2 ist in einem 2HE/19“-Gehäuse untergebracht und wird typischerweise mit der restlichen Zentralentechnik verbaut. Insgesamt wurden in Magdeburg vier CCU 2/2 | DC, also in der Sonderversion mit DC-Notstromversorgung, verbaut – drei für die insgesamt sechs P2L-Leitungen in den Kirchenraum, einer als Havariereserve.
Die Besonderheit bestand im vorliegenden Fall darin, das Pan 2-Line System inklusive der Pan Beam-Lautsprechersysteme so umzusetzen, dass die bestehenden Anforderungen in der Kombination Sprachbeschallung, Medienton und den Anforderungen in Sachen Evakuierung, eng angelehnt an die einschlägigen Normen, Richtlinien und Vorgaben, sinnvoll umzusetzen.
Für diesen Zweck wurden sinnvolle Ergänzungen geschaffen, beispielsweise eine Notstromversorgung für die Pan 2-Line Control Units. Darüber hinaus sollten Fehlerzustände in einem Lautsprecher oder einer Lautsprechergruppe von der Zentralentechnik detektiert werden können. Dafür stellen die Lautsprecher Meldekontakte zur Verfügung, die in Schleife geschaltet wurden, so dass der Controller der Sprachalarmierungsanlage Fehler in Lautsprechern bzw. Beschallungszonen erkennen, auswerten und melden kann.
Funktionserhalt E30
Was die Leitungsführung betrifft, ermöglicht es das Pan 2-Line System grundsätzlich, auch eine bestehende Verkabelung zu nutzen. Im vorliegenden Fall sollte ja auch eine Sprachalarmierung über die Pan2-Line-Lautsprechersysteme erfolgen, und zwar – wie erwähnt – in Anlehnung an die einschlägigen Richtlinien und Normen. Aus diesem Grund hat man es nicht dabei bewenden lassen, die Bestandsverkabelung einfach über Pan 2-Line zu nutzen. Vielmehr sollen die Kabelwege für die zur Sprachalarmierung nutzen Lautsprechersysteme auch in Funktionserhalt E30 ausgeführt sein, um auch im Brandfall eine zuverlässige Alarmierung sicherstellen zu können. Dies erfordert zwar eine Neuverkabelung in E30, allerdings sorgt der Einsatz der Pan 2-Line Technologie dafür, dass nicht Stromversorgung, Signalverkabelung und Steuerdatenleitungen neu in E30 ausgeführt werden mussten, sondern eben nur das eine, für Pan 2-Line erforderliche Adernpaar. Dies mit dem zusätzlichen Vorteil, dass dafür Kabelwege genutzt werden konnten, die für eine 230V- Verkabelung nicht geeignet gewesen wären.
Zentralentechnik
Die Zentralentechnik für die neue Beschallungsanlage im Dom zu Magdeburg ist um zwei Kernkomponenten herum aufgebaut. Die Audiozentrale für die „Nutzbeschallung“, also Sprach- und Musikwiedergabe im Regelbetrieb, ist eine Yamaha Matrix-Prozessor MTX-5D mit Matrixerweiterung EXi8, um die benötigten Signalein- und -ausgänge sowie Signalverarbeitungs- und verteilungsfunktionen bereitzustellen.
Die Yamaha Matrix-Prozessoren sind für Festinstallationen im Handels- und Dienstleistungssegment konzipiert, wo mehrere Beschallungszonen benötigt werden. Sie bilden dort typischerweise die Schaltzentrale der Beschallung und sind für das Signalrouting und die Signalverarbeitung zuständig. Ihre Einrichtung, Programmierung und Verwaltung erfolgt über die intuitive Benutzeroberfläche der zugehörigen MTX-Editorsoftware.
Auch für den Betrieb im Dom ist die Möglichkeit einer einfachen Steuerung wichtig. Yamaha bietet eine große Auswahl an Fernbedienungen für das System an, von den einfachen DCP-Bedienfeldern zur Wandmontage bis hin zu Steuermöglichkeiten über iOS- sowie Android-basierte Smartphones oder Tablets. Die Steuerungs-Apps ProVisionaire Touch und ProVisionaire Control verfügen über umfassende Möglichkeiten zur Anpassung und sind sowohl zu iOS-Tablets als auch Windows-Geräten kompatibel. Im vorliegenden Projekt wird das System über ein fest installiertes Touchpanel in der Sakristei sowie über eine Mediensteuerung vom Typ Crestron CP4 mittels eines drahtlosen Touchpanels TST-902 fernbedient, die auch andere Medienfunktionen steuert.
In einem Gestellschrank in der Sakristei ist das Yamaha MTX-System zusammen mit verschiedenen Signalquellen, wie etwa Sennheiser Mikroport-Empfänger, einem Denon DN-300C integriert und mit den verschiedenen XLR-Anschlusspunkten im Dom verbunden. Hier befindet sich auch die fünfte Pan 2-Line-Steuereinheit, die die beiden Linienstrahler am Taufstein versorgt.
Für Veranstaltungen, die mit Mischpult gefahren werden sollen, steht ein Yamaha TF1 zur Verfügung, das über Dante an eine mobile Stagebox TIO1608-D und über einen analogen Stereo-Ausspielweg an den MTX-Prozessor angebunden wird.
Ebenfalls über Dante ist der MTX-Prozessor an eine weitere Yamaha TIO 1608-D in einem zweiten Gestellschrank im Technikraum verbunden.
Diese stellt Ausspielwege für die drei bereits erwähnten Pan 2-Line CCU 2/2 | DC (Linien 1-6) bereit. Die Verbindung erfolgt über eine Audio-Umschalteinheit, die im Alarmierungsfall die Sprachalarmierungsanlage Bosch PVA-4CR12 auf die Lautsprecherlinien schaltet. Es können gespeicherte Alarmierungsdurchsagen eingespielt werden, alternativ kann man auch live über eine ebenfalls im Technikraum integrierte Sprechstelle Bosch PVA-15CST einsprechen.
Wie klingt es denn?
Summa summarum ist hier also ein nicht unerheblicher Aufwand getrieben worden, der auf der einen Seite durch die raumakustischen Eigenschaften des Doms begründet ist und auf der anderen durch das vielfältige Anforderungsprofil der Veranstaltungen im Dom, die sich nicht allein auf Gottesdienste beschränken. Und natürlich wollte man sich bei der Neukonzeption auch nicht von vornherein Sackgassen bauen, die eventuell später neu hinzukommende Anwendungen behindert hätten.
Die Kernfrage ist natürlich: Wie ist es bei dem hier getriebenen Aufwand denn letztendlich mit der Sprachverständlichkeit bestellt? Bei zwei Ortsterminen in Magdeburg hatte ich Gelegenheit, mir einen persönlichen Eindruck von der Qualität der neuen Beschallungsanlage zu verschaffen.
Das Fazit daraus ist: Das ist eine wirklich, wirklich gelungene Beschallung. Angesichts der praktisch durchgehend schallharten Oberflächen im Dom-Innenraum hätte ich außerhalb der Zeiten gut besuchter Gottesdienste realistischerweise eine Sprachwiedergabequalität erwartet, die man als „in Ordnung bis gut“ bezeichnen kann, und gleichzeitig im Kopf gehabt, dass es angesichts der baulichen Randbedingungen nicht viel besser gehen kann.
Tatsächlich ist aber die Sprachverständlichkeit, und auch die Tonqualität der Sprache und auch von Musikeinspielungen, selbst in einem bis auf einige Besucher fast leeren Dom überraschend gut und auch in den etwas entlegeneren Bereichen sehr gut verständlich. So etwas hört man in dieser Qualität wirklich nicht jeden Tag – ein großes Lob also an das Planungsteam und die technische Qualität der Pan Beam-Lautsprechersysteme.
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